Dieter Reetz – die treibende Kraft
Eine Würdigung von Gerhard Eisele-Hirschfeld
Als Designer und Admin dieser website danke ich Dieter Reetz zuerst in eigener Sache: für seine redaktionelle Unterstützung, seine Vorschläge, Textbeiträge und Materialien, die er mir überließ. Er half mir auf die Sprünge, denn ich fand erst vor fünf Jahren zum SOR und wusste nichts über dessen Vorgeschichte.
Deshalb danke ich ihm besonders für die Schilderung unseres umfangreichen Repertoires und für seinen vorausgegangenen Artikel zur Geschichte des SOR, umso mehr, als er sich die Mühe machte und diesen ausführlichen Beitrag abfasste, nachdem er offiziell die Leitung des SOR schon abgegeben hatte.
Als Sänger und „Ansager“ stand Dieter Reetz ein halbes Jahr nach der „Wende“ im Frühjahr 1991 mit dem SOR zum erstenmal auf der Bühne des Ernst-Reuter-Saales in Reinickendorf. Im Laufe der Jahre machte er mehr aus seiner Rolle; wurde zum charmanten Conférencier, der mit Humor und Witz locker durch das Programm führte.
Zu musikalischen Werken verschaffte er sich Hintergrundwissen und erläuterte dem staunenden Publikum ihre Entstehungsgeschichten oder erzählte Anekdoten über die Komponisten. Schließlich schlüpfte er in Kostüme der jeweiligen Epoche oder die zum Musiktitel passen und spielte kurze Szenen oder Sketche, manchmal im Duett mit Gabi, unserer Sopranistin und seiner Nachfolgerin in der Moderation.
Die Fotos verraten seine Spielfreude: die berühmten Bretter, die die Welt bedeuten. Auf der Bühne fühlte er sich zuhause. Er war mehr als ein „Conférencier“, er war Entertainer im besten Sinne, mit der Fähigkeit zu improvisieren, wenn’s eng wurde. Viele Konzertbesucher kamen auch seinetwegen. Sie freuten sich auf ein abwechslungsreiches Programm und wussten, dass es dabei viel zu lachen geben wird.
Nach dem Ausscheiden von Herta Schmidt übernahm Dieter Reetz auch noch deren – ehrenamtliche ! – Aufgaben und wurde organisatorischer Leiter und Programmgestalter des SOR.
Sein Pensum an Pflichten wuchs zum Fulltime-Job. Ein ständiger Kampf im Rathaus um passende Aufführungs-Termine für das SOR im Ernst-Reuter-Saal gegen unsere dortige Bühnen-Konkurrenz begleiteten seine Vorausplanung der Konzerte. Aufreibend und ermüdend.
Nach Kommunalwahlen wechselten nicht nur die Häuptlinge auf den Chefsesseln, auch die in der Abteilung Weiterbildung, Kunst und Kultur. Als das Stühlerücken im Rathaus nach dem Politikwechsel schließlich endete, machte sich Dieter Reetz auf den Weg dorthin, um herauszufinden, wer für was in der Kulturabteilung nach dem Wechsel zuständig war, insbesondere, von wem das SOR künftig Unterstützung erwarten konnte. Er überließ nichts dem Zufall. Stets hatte er das Interesse des Orchesters im Blick und blieb am Ball.
Wie aus heiterem Himmel kam im März 2020 Unheil über uns und brachte unser Leben als SOR-Musikanten zum Erliegen. Das Übel hatte einen Namen: Corona-Pandemie.
Folge: Sofortige Kündigung unseres Probensaales im Altenheim in der Teichstr.44 und Stornierung unseres geplanten Konzertes im April 2020 im Ernst-Reuter-Saal durch das Bezirksamt. Wir standen auf der Straße. Was jetzt ? Dieter Reetz: „Nicht rumsitzen und jammern ! Ausweichquartier suchen ! Was sonst ?“ Das taten wir. Wurden auch kurzfristig fündig.
Wir probten einmal in Tegel – vermittelt durch Rosemarie Franke; und einmal in der Kirche am Hausotterplatz Nr.3. Dort schlossen wir sogar einen Nutzungsvertrag mit der Küsterin. Vergeblich. Die Corona-Zahlen stiegen exponentiell. Kurz darauf verbot das Kuratorium den Kirchen solche Veranstaltungen und wir wurden abermals an die frische Luft gesetzt.
Obwohl eine monatelange Durststrecke folgte, blieb Dieter Reetz hoffnungsfroh und optimistisch. Wichtig war ihm, dass die Verbindung unter uns nicht abreisst. Während der uns aufgezwungenen Zwangspause von fast zwei Jahren schrieb er 24 Rundbriefe, die ich als „Postillon“ an die SOR-Musici weiter leitete. Er machte uns Mut und hielt unverdrossen engen Kontakt zur Kulturabteilung. Zweimal glaubten wir, “ jetzt geht’s wieder los „: im Herbst 2020 und im Herbst 2021. Das erwies sich jedesmal als Irrtum, bei wieder steigenden Fallzahlen. Der eigentliche Neustart mit regelmäßigen Proben begann am 05.April 2022, das nächste SOR-Konzert fand statt am 27.04.2022. Zuvor fuhren wir zwei Jahre lang Achterbahn zwischen Hoffnung und Enttäuschung.
Ich denke, Dieter Reetz hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Hoffnung überwog, und dass das SOR noch zusammen ist.
Am 13.September 2022 stand Dieter Reetz zum letzten Mal als Moderator und Sänger mit dem SOR zusammen auf der Bühne des Ernst-Reuter-Saales.
Es war seine Abschiedsveranstaltung. Die Bürgermeisterin von Reinickendorf, Emine Demirbüken-Wegner, hielt die Laudatio auf sein über drei Jahrzehnte währendes Engagement.
Und auch wir sind der Meinung:
The show must go on
……. !